5. Maaswald Distanz: tote Hühner , blinde Reiter, höllisches Feuer
Die letzten Tage vor der Veranstaltung waren spannend: dürfen wir starten, oder muß der Ritt abgesagt werden? Der Startplatz und Teile der Strecke lagen im Sperrbezirk der Hühnerpest. Am Mittwoch dann grünes Licht des Kreisveterinäramtes.
Am Freitag, dem Anreisetag, ein erneuter Fall. Das gesamte Gebiet wurde zum Sperrgebiet erklärt. Wie sollten wir uns verhalten? Die Präsidentin baute ne Standleitung zu meinem Handy auf, wollte immer über den aktuellen Stand informiert sein. Mein Handy klingelte unentwegt, Teilnehmer und Veranstalter waren in Aufregung. Das Kreisveterinäramt war nicht in Panik, der zuständige Beamte meinte, die Behörden arbeiten langsam und vor Montag wären wohl keine Maßnahmen in Sicht, Transporte seien erlaubt, wir sollten den Ritt angehen lassen und wünschte ein schönes Wochenende. Mal ein netter Beamter (sorry an alle Beamten). Auto war gepackt, also nur noch Pferd rein und los. Mit Corinna und Armin im Convoy ging es dann nach Brüggen. War schon etwas seltsam, in das Gebiet zu fahren, in dem überall rote Schilder aufgehängt waren: „Achtung Sperrgebiet.“ Am Startplatz erleichterte Gesichter. Die Autos sollten auf einen frischen ebenen Sandacker, die Pferde daneben auf eine saftige Wiese, ideal getrennt von Zelten etc. Die Veranstalterinnen Barbara Plottke und Susanne Greb waren enttäuscht, dass ich nicht mit Golf kam, sie hatten schon einen Plan, wie ich mein Gespann über den Sand bekomme. Stattdessen kam ich im Luxus Geländewagen meines Sponsors Nösenberger, welch eine Enttäuschung. Es begann das übliche Hallo an allen Ecken, viele gute Bekannte und Feunde waren am Start. Ein schönes Wiedersehen, denn für viele war es der erste Ritt im Jahr. Lioba machte gründliche Voruntersuchengen, die Pferde sollten gut betreut und fit über die Strecke gehen. Wir waren in guten Händen, das war klar.
Abends baute Familie Liskes das Essen auf, allerdings hier meine Kritik: es war nicht erwünscht, zu grillen und es wurde die komplette Versorgung angeboten. Dann auch bitte am Freitag, denn viele fahren direkt von der Arbeit los, so gab es nur eine, wenn auch leckere, Suppe. Ansonsten war die Beköstigung klasse, wenn auch nicht günstig. Habe viele Stimmen gehört, die sich das nächste Mal selber beköstigen wollen.
Die Vorbesprechung fand im Zelt bei Teelichtbeleuchtung statt. Man konnte kaum die Streckenführung erkennen. Barbara ging auf alle Fragen ein und erklärte das Wesentliche gründlich.
Abends saßen wir dann noch alle lange zusammen, es gab ja vom Winter viel zu erzählen. Um 1 Uhr im Schlafsack, hieß es dann um 5 Uhr morgens wieder aufstehen. Aber das ist ja nichts neues auf DR.
Es gab leckeres Frühstück, heissen Kaffee, klasse. Um 7 Uhr war Start, die Gruppe, die schnell reiten wollte, hatte sich an die Spitze begeben und war sofort ausser Sicht,die anderen folgten in Abständen, ein schöner Massenstart. Ich ritt mit Birgit Stubbe, Angela und Christian, die sich das erste Mal an die lange Strecke wagten. Nach einigen KM liessen sie sich zurückfallen und Birgit und ich ritten alleine weiter. Masirah und Santorin liefen gut zusammen, waren sie doch erst Ostern auf gemeinsamem Wanderritt gewesen. Der erste Stop war auf holländischer Seite auf dem Venhof, viel Platz für Pferde und Trosser. Masirah hatte ein Marathons verloren, ich nagelte schnell eine Platte auf.
Weiter ging es , die Spitzentruppe war uns eine halbe Stunde voraus und das nach 30 Km!
Wir machten mehr Tempo und trafen auf Bert und seine Truppe, geführt von Johannes Schmitz, dessen Maghar in seiner ihm eigenen Gangart lief. Mischung aus Trab, Tölt und Galopp. So kennt man ihn seit Jahren. Hauptsache, er kann beim TA traben! Kurz vor dem Hauptstop gab es eine schlecht markierte Stelle , an der wir kurz vorbei schossen. In weiter Ferne sahen wir die vor uns gehende Gruppe um Kyra und Bernhard, die noch nichts gemerkt hatten und weiter düsten.
Kurz vor dem Stop sahen wir die Spitzengruppe , auch sie hatte sich verritten, kam aus falscher Richtung und wurde zurückgeschickt, um den Kontrollposten anzusteuern. 30 Minuten Zeitvorsprung waren dahin und wir lagen nun direkt dahinter.
Der Stop war gut gewählt, Weide satt, alles da, was das Herz begehrt. Für ohne Tross gehende Reiter wäre es aber besser gewesen, das Wasser auf die Wiese zu stellen, statt auf den Weg, wo gemessen und getrabt wurde.
Die Versorgung der Reiter erfolgte im Wohnmobil, Brötchen, Kaffee, Wasser, prima! Nach einer Stunde gings weiter, wir hatten nur 2 Minuten Abstand zur Spitze. Dann kam ein kurzer Verreiter, wir waren plötzlich auf einer grosssen, befahrenen Kreuzung und trabten zwischen Autos und Fahrrädern her, bis wir den Einstieg in den Wald fanden. Kyra und Christian waren nun vor uns, und wir gaben Gas, sie einzuholen. So ritten wir dann in grosser Gruppe weiter und trafen wieder auf Bert und Anhang, die besser Karte lesen konnten und sich nicht verritten hatten. Die Spitzengruppe auf Sicht, machten Birgit, Kyra, Thomas und ich uns daran, sie einzuholen und setzten uns von Bert ab, was unser größter Fehler war. Den letzten Stop fast vor Augen, wollten Rashid und Masirah unbedingt in einen bestimmten Weg. Daß der Rückweg nicht identisch mit dem Hinweg war, irritierte niemanden von uns, keiner konnte sagen, ob wir morgens hier her geritten waren. Markierung war da, aber mir wurde immer mulmiger, der Stop hätte längst kommen müssen. Die Pferde liefen und liefen und plötzlich war mir klar, wir waren auf Strecke des alten Brüggener Rittes, nach dessen Markierung wir ritten. Diese blöden Pferde!!
So waren wir bis zum Venekotensee geritten, 12 Km zuviel. An einer Wegkreuzung vor dem Stop entdeckte ich dann das Betreuer Fahrzeug von Kyra, die es selber noch nicht auf die Entfernung von 30 Metern erkannte, mußte sie darauf aufmerkam machen und das Nummernschild vorlesen!!! Hätte mich abrollen können. Text ungefähr so: „ Da steht doch euer Auto“, „Nein“, „Doch“, „Nein“, „Aber ihr habt doch nen Mondeo mit Dürener Kennzeichen, oder?“, „Ja“, „ Ist er das nicht?“, „Keine Ahnung , kanns nicht erkennen!“. Ja, wir alle kommen ins Alter der Lesebrillen, mein Freund ist Optiker, könnte ja mal auf nem Ritt einen Stand aufbauen und ist sehr diskret!!
Unsere Betreuer waren in heller Aufregung, sahen uns im Geiste noch durch Holland reiten. Es hätten viel mehr Reiter vor uns sein müssen, aber die hatten sich auch anscheinend verritten, so dass wir immer noch an neunter Position lagen. Thomas musste hier aufhören und so ritten wir zu dritt weiter. Die meisten Sorgen machte mir der Rückritt vom Weissen Stein, hier verreite ich mich jedes Jahr. Nach guter Info von „Molle“ klappte es auf Anhieb, Birgit erinnerte sich, daß sie grade die Prüfung zur Berittführerin bestanden hatte und konzentrierte sich. Im Zieleinlauf gab Rashid noch mal ne Extra Einlage und scheute vor einem schwarzen Ballen, sauste aufs Feld und Kyra hatte Mühe, oben zu bleiben. Wer nach dieser Strecke noch solche Mätzchen macht, kann nicht müde sein! Erstaunt mich immer wieder, zu was Pferde fähig sind. Ritten nun alle zusammen ins Ziel. Es folgte die übliche Prozedur, kühlen, vorstellen, einpacken, versorgen. Und dann endlich raus aus den Klamotten, waschen, essen, ausruhen, erzählen...
Das Wetter war toll und so verging der Nachmittag wie im Fluge. Abends gab es leckeres Essen, tolle Salate, alles frisch, aber auch nicht günstig.
Am späten Abend dann das Lagerfeuer, hier loderte ein so großes Feuer, daß wir ständig mit den Stühlen rücken mußten und uns Kappen vors Gesicht hielten, so heiß wurde es, toll!
Wurde mal wieder sehr spät........
Am nächsten Morgen die Nachuntersuchung, die für meine Begriffe etwas mild war.
Kein Pferd musste raus genommen werden. Die Siegerehrung erfolgte, wie auf Feuerkreisritten üblich, mit Pferd an der Hand. Gewonnen haben Marakesch und Mathar unter Corinna Lenhard und Christina Manke. Mathar bekam zusätzlich den Konditionspreis. Wenn ich bedenke, daß Christina letztes Jahr im Frühjahr noch dachte, ihr Pferd würde es nie auf die lange Strecke schaffen!
Wir blieben noch eine Weile und machten uns dann auf den kurzen Heimweg. Ein tolles Wochenende lag hinter uns.
Uwe Rahn
RB Rheinland