Marathon Nord   2002

Lingen - Sögel  - Tütsfeld  -  Molbergen  - Cloppenburg  - Großenkneeten -

 

Wo war der Sattel  ?  Bagage für  4  Reitende, die  Renner und  Grooms ... Logistik für  3 Tage  angesagten Regen. Gestopft bis unters Dach. Es dunkelte  auf der Elwanger Slipse am Westufer  von Lingens Freizeitperipherie, wo sich 2o  Gestandene  zu  dem 180 km -Raid  versammelten. Die letzten aus Fulda kamen morgens um 4 Uhr. Die Cracks aus Heidelberg und dem Hunsrück  hatten es noch bei Helligkeit geschafft. Einige 20 km - Pfingsstau  hatten  die Kühler  primär südlich  am kochen.

Die letzte Hoffnung zerrann, als die Ausrüstung  auf Böskers Wiese  lag. Der Sattel hing 400 km  entfernt  auf dem Bock, wo er noch einmal gefettet  war.  Irgendwann morgens  war  das Teil  verfügbar.  Bruderherz war  dem Zerstreuten 200 km bis zur Autobahn- Raststätte entgegengekommen.  Die Peinlichkeit  sollte wohl nicht ruchbar werden. Ganze Sattel-Arsenale  hätten  Freunde in Meppen  zur Auswahl gehabt  -

Das Feld  versprach  gute Tage. Hoher Altersdurchschnitt, ruhige , freundliche Stimmung ...überwiegend Hundertmeiler.  6 Pferde hatten keinen Tross. Keine Problematik.Die Konkurenz nahm E- Paddog und Neuseeland -Decken  mit und  wird auch  die Einzelkämpfer  mit versorgen.  Trossfahrer sind rar. Wer  ist schon bereit , ein  Gespann  6  Std. täglich  durch unbekannte Gefilde zu  versteckten  Pausenplätzen  zu lotsen, eine gestresste Reiterin auszuhalten , Wasser und Decken zu schleppen und im Freien zu campieren.  Doch wo gibt es noch  so eine irreale, natureske  Scene. 3 Tage im Unwetter wie im Vorjahr. Alles durchweicht und klamm. 3 Tage  Wettrennen , Materialverluste  100  Euro  Startgeld  400 km Anfahrt und  was dafür ?   Eine kleine  Stallplakette, ein extremes  Erleben das süchtig macht , Freiheit  spühren läßt  und  offensichtlich gesund ist.

Es regnete nicht. Der Start  von Böskers  gastlichen Landcafe  war locker und fröhlich. .. wohl weil nur einzelne  an der Theke Kümmerlinge klopften. Die Streckenverhältnisse waren nach  4 Jahren  -wo wir zuletzt hier  durchtrabten-  besser geworden. Schotter war durch Laubfall  gedämpft. In der Gest vor Schwefingen  waren neue Wege entstanden die  mit der Karte nicht konform gingen  und  zu Verritten führten. Fröhlich begrüßt wurden wir auf Übermühlens Heuhotel, das nahezu schon  eine  Pflichtadresse  ist, die 2-3  mal in der Saison Distanzreiter sieht. Beginnt hier doch die 30 km Rennstrecke  an der Nordradde.  Fazinierend und gefürchtet. Ein landschaftliches Kleinod. Doch  wenn  man  die unausweichlichen Traidelpfade  annimmt, muß man durch bis zum Ende. Nach Sögel oder Meppen. Von dem Fluß kommt man nicht mehr weg. Auf der einen Seite Schießplatz, auf der andern Stacheldraht der Rinderweiden.   Es entwickelte sich ein  Wettkampf  unter den  Cracks  in der Spitze. Aber das Gesamtfeld  blieb  ziemlich dicht  über 77 km beisammen.

Auch der Jägerhof bei Sögel  ist ein stets frequentiertes Quartier seit vielen Jahren. Die Reitanlage bietet jede Hilfe und  die Speisekarte läßt keinen Wunsch offen.

Ein Pferd war  auf das Karpalgelenk gefallen . 3 weitere  hörten bei Schwüle,vor der Radde  auf. Die Ausschreibung  sah  Teilstrecken- Leistungen vor.

Der Tag begann frisch  und sonnig, das Geläuf war vorwiegend sandig  und es lief flott. Im Dosenmoor  nördlich Lorup  stießen wir  auf  Schotter. Vermutlich  für  neue, vorgesehene Windkraftanlagen  eingebracht.  Damit fällt  eine Routenplanung nach Gehlenberg  aus.

Durch den Eleonorenwald  und Tütsfeld  bestehen noch die  landestypischen Sandpisten die uns lange Anreisen wert sind. Am Ende winkt uns dann die  paradisische Gastkoppel des Pferdezüchters  Jupp Vorberg  mit  Seeblick  und Moorbad. Die alte Wasserburg Stedingsmühlen  ist natürlich eines der besten Restaurants. Fällt  langsam etwas auf ?

Die  Craks  liefen jetzt  nach 74 km zusammen als  6 er Gruppen  ein.  Die  alte Korda,  Championesse Weser- Ems,  mußte wegen  einer Hinterhandmalesse  den Weiterritt streichen.

Die  Reiterinnen  erkannten beim Baden die erstaunliche Wirkung des Moorwassers auf die Haare und füllten Kanister  mit dem  Wunderquell um ihn  heimwarts  noch  anzuwenden.

 

Start um 7 Uhr.  1 km Warmreiten. Bei Aalhorn gab es eine negative Überraschung. Der wichtigste Verbindungsweg  nach Bakenhus war frisch geschottert  . Damit fällt  ebenso wie Gehlenberg  auch  Neulethe aus unserm  gastronomischen Besuchsprogramm. Die langen breiten Sandrollbahnen sind  der einmalige Anziehungspunkt  für  uns  Reitenthusiasten. Das einzigartige touristische  Merkmal  dieser Landschaft  zwischen Wildeshausen und Meppen.  Wird  weiter geschottert  , tragen wir unsere Euro  in  andere,  naturbelassene Gefilde

Wegen der langen Heimfahrt hat sich ein kurzes Finish  um 30-40 km eingeschliffen, welches eine  Siegerehrung  um die Mittagszeit  anpeilt. Diese  fand vor dem Hintergrund eines neu entdeckten Waldcaffee  am Fuhrenkamp  in Sage  statt. Entzückend gelegen !

Das am ersten Tag verletzte Pferd  lief schon wieder  in der Spitze mit. Ein anderes hatte  täglich eine Teilstrecke  absoviert und kam so auf 116 km.  Eine Reiterin  der Spitzengruppe hatte vom ersten Tag  an nicht mehr starten können. Achillessehne. 2 andere Pferde  wurden  auf der Etappe  II  lahm.  Das Wetter hatte uns gegen alle Vorhersagen  angenehm überrascht. 

Um 2 Minuten konnten Ina Baader aus Heidelberg  und Conny Koller aus Hamburg  ihren Vorsprung von der Etappe I  retten.  Obendrein  wurde  Kollers  Vollblutaraber MOCHA, der Preis Best Condition  zuerkannt.  unter den  Top Ten  wurden einwandfrei  befunden : Der unauffällige Hengst  GONZO, die Vollblutaraberstuten Fazetta und Halma. Für  MOCHA sprach seine  längjährige  Leistungsdemonstration. Aus Weser- Ems hielt nur der kernige FILOU  die Fahne hoch. Nach Borelose  genesen,  scheint der kleine Krieger  wieder topfit. Im Finish ist er  mehr als 10 km galoppiert.    

                                                                  

Dieser Ritt hat über die Jahre die Reitlandschaft zwischen Oldenburg und Bad Bentheim so kultiviert,daß nahezu auf jeden  Meter galoppiert werden kann. 250 km ! Die Gestrand-Gefilde der Ems,der Hümmling und Südoldenburg ergaben eine nahezu geschlossenes Wegekombination  naturbelassener ,vorwiegend sandiger Pisten dem wenig zivilatorische Eingriffe das freie Reiten vergellen.Ganz anders sieht es nördlich des Küstenkanals und südlich Cloppenburg aus.Der beschriebene Raum soll für die Reiter erhalten werden..Willkommene Gäste sind Reitergruppen bei außerhalb liegenden Gastronomien, so daß hier der Ansatz zu  pflegen ist,die Fremdenverkehrsgremien positiv auf Berittene einzustimmen.

Das ist bei den frequentierten Gasthöfen nachweislich gelungen.Reiter die den ganzen Tag durch die Heide stauben, gönnen sich abends naturgemäß auch etwas .Es hat sich eingebürgert zu feiern.Etlichen ist  ein anstrengender Reittag auch Dusche und Federbett wert.Die Ritte des Feuerkreis e. V. der dieses Wegenetz  kartografierte, haben eine ausgesprochen lustvolle  Feierabendtendenz.So reiht sich der Kurs des Marathon nord  an einer Kette auserwählter Gastronomien auf. Drei Tage Pfingsturlaub.20 Pferde  und  3o Menschen  die  dem Asphalt entflohen.

Mehrtagesritte sind  sehr aufwendig  zu organisieren,sehr anfällig für Ungewolltes  und  verlangen Energie. In der Überwindung der Anstrengungsfolgen. Die am folgenden Tag noch einmal  anstehende Ausdauerleistung  ist  nach Meinung der meisten  Reiter  schwerer  wiegend als ein Hundertmeiler.Den steht man als Grenzbelastung durch und hat dann  1o Tage  Ruhe. Doch nach einer  Langstrecke  unter schlechten Witterungsbedingungen, einer  gleichen ins Auge sehen  und mit dem ersten Hahnenschrei  wieder satteln zu müssen, ist  härter. Die wirkliche Reittauglichkeit wird bei einem Mehrtagesritt  ohne Zweifel  nachgewiesen. Kein Vorführtrick  macht Sinn. Damit widerfährt der Bewertung absolute  Gerechtigkeit.Tierärzte haben  die  gründlicheren  Beobachtungszeiten und können  auch einmal  abwarten ob sich eine leichte Lahmheit einläuft. Das ist oft der Fall.Über  diese Langzeiterfahrung kommen die meisten Newcomer auf die Langstrecke. Die gegebene ,individuelle Selbstbestimmung der Tagesleistung  läßt den Druck weg  und  läßt  das Potenzial des Pferdes  entscheiden. Besser kann  die Stellung des Tierarztes  als Berater  niemals wirksam werden ! Wer erfahren hat ,wie sehr sich das Pferd in diesen aufeinander folgenden Tagen  anschließt  ,sein Nervenkostüm  festigt  und koopperiert, wertet  diese Entwicklung  mit Erstaunen. Für die Erfahrenen ist es der totale Ausstieg aus dem Alltag, die Reise zu Pferd über stilles Land  ,die Abwartetaktik  des wachen Wettbewerbes .Oder ist es die  Geselligkeit  irrationaler , massochistischer  Reitender,die  irre Anfahrten  und verrückte Startgelder  kalkulieren  ohne   mehr nach Hause zu nehmen als  die  Erinnerung .........  Freiheit gespürt   zu  haben

                                                                                                   Bert  Fichtel

Rittberichte